Guten Morgen, liebe Hörerinnen und Hörer,
Evangelisch ist nicht gleich Evangelisch. Das merken wir in unseren bunt gemischten Kirchengemeinden, wo es für die einen befremdend ist, wenn der Pfarrer beim Abendmahl und beim Segen ein Kreuz schlägt – das ist ja katholisch! – und für die anderen befremdlich wäre, wenn er es nicht täte – sind Segen oder Abendmahl dann überhaupt wirksam? Die einen denken beim 6. Gebot an Ehebruch, die anderen an Mord und Totschlag. Die einen sprechen vom Altar in der Kirche, die anderen vom Abendmahlstisch.
Diese Unterschiede hängen mit der Geschichte der Reformation im 16. Jahrhundert zusammen. In Mittel- und Norddeutschland war die Reformation maßgeblich durch Martin Luther bestimmt, und die Evangelischen hießen deshalb auch Lutheraner (obwohl Luther nie wollte, dass eine Kirche nach ihm benannt wird; wir sind ja Kirche Jesu Christi, also Christen). Im Süden und in der Schweiz, später dann auch in Frankreich und den Niederlanden war die Reformation durch Zwingli und dann auch durch Calvin bestimmt, und die Evangelischen hießen einfach Reformierte. Schon beizeiten waren sie sich über einige Fragen uneinig, z. B. bildliche Darstellungen in den Kirchen, über die Zählung der Zehn Gebote, vor allem aber über das richtige Verständnis des Heiligen Abendmahls. Es warenn zwei sehr verschiedene evangelische Kirchen entstanden, die sich auch jahrhundertelang uneins waren.
In Preußen gab es dreihundert Jahre später die besondere Situation, dass beide Konfessionen nebeneinander existierten, während die Unterschiede von vielen als nicht mehr so gravierend empfunden wurden.
Am 27. September 1817 verfügte der preußische König Friedrich Wilhelm III. die Vereinigung der lutherischen und reformierten Gemeinden zu einer gemeinsamen unierten Kirche. Es hat dann immer noch über 150 Jahre gedauert, bis wir Lutheraner und Reformierte in ganz Deutschland die volle Kirchengemeinschaft, auch am Tisch des Herrn haben konnten. Die preußische Kirchenunion von 1817 war gewiss ein Schritt hin zur Einheit der Christen.
Friedrich Wilhelm III. schrieb damals: “Möchte der verheißene Zeitpunkt nicht mehr fern sein, wo unter einem gemeinschaftlichen Hirten, alles in einem Glauben, in einer Liebe und in einer Hoffnung sich zu einer Herde bilden wird!”
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