Im traurigen Monat November war‘s, / Die Tage wurden trüber. / Der Wind riss von den Bäumen das Laub, / Da reist ich nach Deutschland hinüber.
So, liebe Hörer, dichtete Heinrich Heine einst. Viele von Ihnen haben den umgekehrten Weg eingeschlagen. Im traurigen Monat November sind Sie den trüben Tagen entflohen, haben Deutschland den Rücken gekehrt und sind wie die Zugvögel gen Süden geflogen.
Hier ist der November nicht trauriger als alle anderen Monate. Die Sonne wärmt immer noch. Trübe Tage sind selten. Herbst und Winter sind fern.
Der traurige Monat November in unserer mitteleuropäischen Heimat erinnert viele an Sterben und Tod. Katholische Christen gedenken am Monatsanfang ihrer Verstorbenen. Evangelische begehen den letzten Sonntag vor dem Advent als Totensonntag.
Herbst ist wie Sterben. Die Blätter werden von den Bäumen gerissen. Nebel und Frost legen sich auf das Land. Das Leben erstarrt und erstirbt. Dass wir dem entfliehen wollen, ist sehr verständlich, sehr menschlich.
Vor kurzem war ich in Deutschland. Weil ein Mensch gestorben war, im Herbst. Es war nicht schön. Der Herbst mit seiner Kühle, mit den kahlen Bäumen und der blassen Sonne war nicht schön. Und Abschiednehmen ist nicht schön. Sterbenmüssen ist nicht schön.
Ich bin froh wieder hier zu sein: im Licht, in der Wärme. So wie Sie.
Eines weiß ich aber: Ich kann wohl für eine Zeitlang dem Herbst und dem Winter entfliehen. Ich kann noch Sonne und Wärme genießen, wenn anderswo schon Kälte und Dunkel sind. Aber dem Herbst des Lebens, dem Abschiednehmen und Sterbenmüssen kann ich nicht entfliehen. Nicht auf Dauer.
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