Samstag, 15. August 2015

Zündfunke (Rundfunkandacht) am 15. August 2015

Guten Morgen, liebe Hörer,
wahrscheinlich sind wir uns alle einig: Die Welt könnte so viel besser sein, wenn es nicht so viele Idioten gäbe. Wenn wir aber versuchen würden uns zu verständigen, wer denn die Idioten sind, dann wären wir uns bald schon nicht mehr einig. Denn eins ist klar: Die Idioten sind immer die anderen. Und auch wenn wir in einem schwachen Moment mal ausrufen: Ich Idiot!, dann haben wir es doch nicht so grundsätzlich gemeint.
Eigentlich wäre das ein gutes Gebet: Gott, erlöse uns von den Idioten!
Für religiöse Menschen ist es ja eigentlich auch klar, wer die Idioten sind: Die Ungläubigen, die sich nicht an Gott halten, die sich über seinen Willen und seine Gebote hinwegsetzen. Wenn es die nicht gäbe, wäre alles gut!
In der Tat: Solche Gebete gibt es. Sogar in der Bibel. Ich spreche in dieser Woche ja über Ausschnitte aus Psalm 139. Und in diesem so großartigen Psalm kommt auch diese Bitte vor – nur noch ein bisschen drastischer formuliert. Nicht: Erlöse uns von den Idioten!, sondern:
Ach Gott, wolltest du die Gottlosen töten! Dass doch die Blutgierigen von mir wichen! Denn sie reden von dir lästerlich, und deine Feinde erheben sich mit frechem Mut.
Wir finden solche Formulierungen heute, ehrlich gesagt, schrecklich und schämen uns dafür. Wir denken daran, dass solche Gedanken dazu beigetragen haben, dass die vermeintlichen Gottlosen und Idioten mit Gewalt bekämpft wurden und dass gläubige Menschen nicht gemerkt haben, wie sie damit selber zu gottlosen Idioten wurden, die die Welt eher schlechter als besser gemacht haben.
Trotzdem: Eines finde ich doch bemerkenswert an diesem Gebet: Gott wird gebeten, er solle die Gottlosen vernichten. Es ist nicht die Rede davon, dass wir Menschen das selber tun sollen.
Jesus hat später lapidar festgestellt: Gott lässt es regnen über Gute und Böse gleichermaßen. Und er hat zu beten gelehrt, nicht: Erlöse uns von den Bösen, sondern: Erlöse uns von dem Bösen. Das Böse ist nämlich nicht nur bei den andern, sondern auch in uns. Vor Gott sind wir alle kleine Idioten.

Wie schön, dass er uns trotzdem leben lässt!

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