Sonntag, 1. Dezember 2013

Predigt am 1. Dezember 2013 (1. Sonntag im Advent – Gemeindefest)

Liebe Brüder und Schwestern! Wir haben also freien Zutritt zum Allerheiligsten! Jesus hat sein Blut geopfert und uns den Weg durch den Vorhang hindurch frei gemacht, diesen neuen Weg, der zum Leben führt. Der »Vorhang« aber, das ist er selbst, so wie er in einem irdischen Leib gelebt hat.  Wir haben also einen ganz unvergleichlichen Obersten Priester, der über das Haus Gottes gesetzt ist.
Darum wollen wir vor Gott hintreten mit offenem Herzen und in festem Glauben; unser Gewissen wurde ja von aller Schuld gereinigt und unser Leib in reinem Wasser gewaschen.
Wir wollen an der Hoffnung festhalten, zu der wir uns bekennen, und wollen nicht schwanken; denn Gott, der die Zusagen gegeben hat, steht zu seinem Wort.
Und wir wollen aufeinander Acht geben und uns gegenseitig zur Liebe und zu guten Taten anspornen. Einige haben sich angewöhnt, den Gemeindeversammlungen fernzubleiben. Das ist nicht gut; vielmehr sollt ihr einander Mut machen. Und das umso mehr, als ihr doch merken müsst, dass der Tag näher rückt, an dem der Herr kommt!
Hebräer 10, 19-25



Liebe Brüder und Schwestern, liebe Gäste und Freunde,
hat jemand von euch einen Adventskalender? – Eigentlich ist das ja mehr so Kinderkram. Aber schöner Kinderkram! Ab heute öffnen sich wieder Türen. Und hinter der Tür gibt’s eine kleine Überraschung. Oder vielleicht ist das Stückchen Schokolade auch keine so richtige Überraschung. Die schöneren Adventskalender sind wohl doch die, wo man vorher noch nicht weiß, was drin ist. Am schönsten sind die selbst gebastelten…
Im Advent gehen die Türen auf. Eine nach der anderen. Und am 24. öffnen wir die letzte Tür, die größte. Und was ist dahinter? – Das größte Stück Schokolade? Der Weihnachtsmann? – Als Kinder hatten wir immer einen besonderen christlichen Adventskalender. Da konnte man sich ziemlich sicher drauf verlassen, was hinter der letzten Tür die Weihnachtskrippe war: Maria und Josef, dazu das Kind in der Krippe liegen. – Das war das Entscheidende.
Am 24. öffnete sich auch die Tür zur Weihnachtsstube. Das Wohnzimmer war verwandelt durch Tannenbaum und Lichterglanz und die ersehnten Geschenke. – Tür auf, und staunen!
Und es öffnete sich die Kirchentür. Wir traten ein in einen Raum voller gespannter Erwartung, voller Lichter, voller Musik. Wir traten ein in die Weihnachtsgeschichte. Mit den Hirten und den Königen. Der Engel sprach zu uns: Fürchtet euch nicht! Euch ist heute der Heiland geboren! – Und wir waren dabei.
Heute ist erst der 1. Advent. Wir sind noch nicht in der Weihnachtskirche, stehen noch nicht in der Weihnachstsstube, öffnen noch nicht das letzte, sondern gerade mal das erste Türchen.
Aber Advent ist die berechtigte Hoffnung und Erwartung, dass sich die Türen öffnen. Dass Gott uns die Türen öffnet. Ja, dass Gott uns den Himmel öffnet.
Davon singt ein altes Adventslied:

O Heiland, reiß die Himmel auf,
herab, herab vom Himmel lauf,
reiß ab vom Himmel Tor und Tür,
reiß ab, wo Schloss und Riegel für.

O Heiland, reiß die Himmel auf! – Reiß die Tür auf, ja, reiß die Tür ab! – Was ist das für ein unbändiger Wunsch!
Türen trennen. Tore sperren ab. Du kommst hier nicht rein! – sagt der Türsteher an der Diso. Du kommst hier nicht raus! – sagt der Wärter im Gefängnis. Du kommst hier nicht raus! – sagte der Grenzer an der Mauer und legte seine Waffe an. Vor verschlossenen Türen ist unsere Freiheit am Ende. Du kommst hier nicht weiter!
Manchmal kommst du auch bei Menschen nicht weiter. Sie knallen dir gewissermaßen die Tür vor der Nase zu. – Ich habe vor ein paar Wochen mal eine kleine Liebesgeschichte aus meiner Jugend erzählt: wo sie mir schrieb: Mein Herz ist bei einem andern. – Knall, Tür zu! So kann es gehen. – Wir kennen alle solche Geschichten. Beziehungen gehen kaputt: Knall, Tür zu! Du bist draußen. Geschwister, zusammen aufgewachsen, reden kein Wort mehr miteinander: Knall, Tür zu! Kinder brechen den Kontakt zu ihren Eltern ab: Knall, Tür zu! – Und man kann nichts mehr klären, in Ordnung bringen, wenn da nur noch eine verschlossene Tür ist.
Manchmal kommst du auch bei Gott nicht weiter. Die Situation ist besch...eiden, es geht dir dreckig, oder jemand anderem, der dir am Herzen liegt. Und Gott hört nichts, tut nichts, reagiert nicht. Seine Tür ist zu. – O Heiland, reiß die Himmel auf! – Das unbändige Verlangen nach Gott. Auch das kennen manche.
Aber es ist erst Advent. So lange erst Advent ist, sind noch nicht alle Türen geöffnet.
Maria und Josef irren durch Bethlehem, und die Türen bleiben ihnen verschlossen. Ihr kommt hier nicht rein! – Bis sie einen Platz im Stall finden. Bei den Tieren, nicht bei den Menschen.
Manchmal kommt auch Gott bei uns nicht rein. Wir haben ihm die Tür verschlossen. Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an, sagt Jesus. Und wir hören nicht. Wollen ihn vielleicht nicht hören. Stopfen uns die Ohren zu. Nageln uns die Herzen zu: Du kommst hier nicht rein.
Aber es ist erst Advent. Noch ist Zeit, dass unsere Herzen weich und weit werden. Noch ist Zeit, Ihn zu hören. Und einzulassen.
Advent – das könnte eine Zeit sein, in der wir bewusst Türen öffnen. Nicht nur am Adventskalender. Türen zueinander. Türen zu Gott.

Wie soll ich dich empfangen
und wie begegn ich dir,
o aller Welt Verlangen,
o meiner Seelen Zier?
O Jesu, Jesu setze
mir selbst die Fackel bei,
damit, was dich ergötze,
mir kund und wissend sei.

Das schreib dir in dein Herze,
du hoch betrübtes Heer,
bei denen Gram und Schmerze
sich häuft je mehr und mehr;
seid unverzagt ihr habet
die Hilfe vor der Tür;
der eure Herzen labet
und tröstet, steht allhier.
In unserem Predigtwort ist gar nicht von Türen die Rede. Sondern von einem Vorhang. Aber ein Vorhang ist wie eine Tür. Die ältesten Türen der Welt waren wohl Vorhänge: an Zelten und vor Höhleneingängen.
Ein Vorhang ist vor allem Sichtschutz. Am Abend ziehe ich die Vorhänge zu, damit niemand in meine Privatgemächer schauen kann. Am Morgen ziehe ich die Vorhänge auf, damit ich die schöne Welt da draußen sehen kann und damit das Licht in meinen Raum hineinfällt.
Der Vorhang im Theater verbirgt das Bühnenbild, bis es losgeht, und es verbirgt die Bühnenarbeiter, die zwischen den Szenen umbauen. Der Vorhang vor der Bühne ist wie die Tür zum Weihnachtszimmer. Er steht für die Spannung, die sich dann gleich löst, wenn es endlich heißt: Vorhang auf!
In der Bibel ist an den Vorhang im Tempel gedacht. Der trennt das Allerheiligste, Gottes Raum, vom Rest der Welt. Keiner darf dahintersehen, keiner darf durch den Vorhang gehen – nur einmal im Jahr der Hohepriester.
Aber dann ist Gott gekommen, und hat gesagt: Vorhang auf! Mein Raum, soll nicht mehr vom Rest der Welt getrennt sein. Ihr sollt schon hineinsehen dürfen in meinen Raum. Ja, ihr sollt eintreten dürfen in meinen Raum.
Gottes Raum – das ist der Himmel. Und Gottes Raum – das ist der Stall von Bethlehem. Da ist Gott. Da liegt es das Kindlein. Da ist der Himmel auf Erden.
Seht ihr, darum öffnen wir die Türen vom Adventskalender. Darum öffnen wir die Türen zu unseren Weihnachtsstuben. Darum öffnen wir unsere Kirchentüren. Darum öffnen wir unsere Herzenstüren. – Weil Gott uns die Türen öffnet: zu seinem Herzen, zu seinem Himmel.

Lobt Gott, ihr Christen, alle gleich,
in seinem höchsten Thron,
der heut schließt auf sein Himmelreich
und schenkt uns seinen Sohn.

Heut schließt er wieder auf die Tür
zum schönen Paradeis;
der Cherub steht nicht mehr dafür.
Gott sei Lob, Ehr und Preis!

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