Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit. Lasst euch nicht durch mancherlei und fremde Lehren umtreiben, denn es ist ein köstlich Ding, dass das Herz fest werde, welches geschieht durch Gnade.
Hebräer 13, 8-9b
Liebe Schwestern und Brüder,
die Zeiten ändern sich, und Jesus Christus bleibt derselbe. Die Jahre kommen und vergehen. Die Trends und Moden wandeln sich, Gottes Wort steht fest. Wo alles in Bewegung ist, da bleibt wenigstens ein Halt: der christliche Glaube! – So könnte man dieses kurze Bibelwort verstehen und sich am Jahreswechsel die kalten Füße dran wärmen.
Es mag sein, dass alles fällt, / dass die Burgen dieser Welt / um dich her in Trümmer brechen. / Halte du den Glauben fest, / dass Gott dich nicht fallen lässt: / er hält sein Versprechen. – So dichtete Rudolf Alexander Schröder 1939 in bewegter Zeit.
Und daran ist nichts falsch; im Gegenteil: Es ist genau richtig, dass wir unseren festen Halt im Wandel der Zeiten dort und nur dort suchen und finden – bei Jesus Christus.
Und trotzdem wollen solche Worte eingeordnet sein. Sie stehen nicht im luftleeren Raum. Jesus Christus gestern, heute und derselbe auch in Ewigkeit – dieser Glaubenssatz selber steht nicht im luftleeren Raum. Sondern im Hebäerbrief, im 13. Kapitel. Mitten unter anderen Sätzen. Sätzen, in denen das Leben konkret wird: Sätzen über Gastfreundschaft – wörtlich: Fremdenfreundlichkeit, über die Solidarität mit Gefangenen und Misshandelten, über die Reinheit der Ehe, die Schädlichkeit der Geldgier und über den zweifelhaften Nutzen von Ernährungsvorschriften. Das sind die Alltagsthemen, in denen Glauben konkret werden kann, damals wie heute: Kein Jesus Christus, der als Lehrgebilde über den Wolken schwebt, sondern Jesus Christus, der im gelebten Glauben lebendig und gegenwärtig ist. Und dann steht da ein Satz, den wir gut kennen, vielleicht noch im Ohr haben – als Jahreslosung dieses zu Ende gehenden Jahres 2013: Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.
Wenn es also um den festen Halt des christlichen Glaubens, um das Festhalten an Jesus Christus geht, dann hat das wenig mit einem starren und unbeweglichen Felsen in der Brandung der Zeiten zu tun. Es hat viel mehr mit dem zu tun, der mit uns unterwegs ist auf dem Weg zur Ewigkeit. Das Bild für die christliche Gemeinde, das der Hebräerbrief uns vor Augen malt, ist das Bild vom wandernden Gottesvolk: Wir sind unterwegs. Und unterwegs, da bleibt nichts, wie es ist. Da gibt es keine bleibende Stadt, keinen Ort, wo wir auf Dauer bleiben können, keinen Felsen, an dem wir uns ständig festhalten könnten – denn dann kämen wir nicht mehr voran.
Ich habe nach einem anderen Bild gesucht für den festen Halt auf unserer Wanderung. Und da ist mir der Wanderstab eingefallen: Stab, an dem ich geh. – Ich fand das ja früher albern, wenn die Leute mit Skistöcken durch die Landschaft gelaufen sind. Im ersten Jahr auf der Insel haben wir uns dann doch selber solche Wanderstöcke gekauft. Ich habe sie ausprobiert und war begeistert: Es läuft sich leichter und ich habe wirklich besseren Halt. – Das wäre ein Bild für uns: der Glaube an Jesus Christus als unser Wanderstab, wenn wir unterwegs sind durch die Zeiten. Er ist dabei, er entlastet uns, er gibt uns Halt.
Aber noch wichtiger ist mir, wenn ich unterwegs bin, die Begleitung: dass einer dabei ist, der mich im Ernstfall auch stützen und festhalten kann, wenn es zu steil oder zu schwierig wird. Und so könnte ich mir Jesus auch vorstellen: als Wanderführer, als mein Freund, Begleiter und Helfer auf meinem Weg durch die Zeiten: Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit.
Ja, er ist und bleibt derselbe; und doch ist und bleibt er vor allem der Lebendige. Und lebendig ist, wer sich verändert. Jesus Christus bleibt derselbe, indem er sich verändert. Indem er sich auf uns und auf unsere jeweilige Situation einstellt. Wenn unser Wanderweg eben und einfach ist, dann ist er vielleicht ein guter Geprächspartner oder einer, neben dem man auch mal eine Weile schweigend gehen kann oder von dem man sich mal ein paar Meter entfernen kann – so lange man auf Sichtweite bleibt. Wenn es schwierig wird, dann muss er uns Mut machen oder uns an die Hand nehmen. Im Extremfall wird er uns stützen und weiter tragen, dass wir nur ja nicht auf der Strecke bleiben, dass wir nur ja unser Ziel erreichen. Mit ihm zusammen.
Jesus Christus – ich staune, auf wie vielfältige Weise er uns begegnet, für uns da ist. Weihnachten ist er uns das Kind in der Krippe. Dann ist er der Lehrer und Geschichtenerzähler; der Heiler und Helfer; er ist der Rebell, der sich gegen die althergebrachte Ordnung stellt und der die Händler aus dem Tempel jagt, und dann ist er der, der sich abführen, verhören, verspotten und kreuzigen lässt, der leidende Gottesknecht, Gottes Lamm; er ist es, der hinabsteigt ins Totenreich, in die Hölle, und er ist es der hinauffährt zum Himmel, der an Gottes Seite sitzt, der König ist und Richter über alle Welt, der wiederkommen wird am Ende der Zeiten; und dann doch einfach wieder mein Freund und Bruder, mein Gefährte und mein Helfer auf der Wanderung durchs Leben. Jesus Christus – immer derselbe, und doch immer wieder ganz anders. So wie es für uns gut ist. Manchmal so, dass wir uns ganz eins wissen mit ihm. Manchmal ganz anders, so dass wir ihn nicht verstehen.
Jesus Christus – derselbe, ja. Aber er lässt sich nicht festnageln auf eine bestimmte Rolle. Er lässt sich nicht einfangen in Glaubenslehren und einsperren in Kirchenmauern.
Das Wichtige, das Entscheidende für uns ist, dass er die Hauptperson unseres Glaubens und Lebens bleibt. Wir sollen uns nicht durch mancherlei und fremde Lehren umtreiben lassen. Denn wir haben an ihm genug, mehr als genug. Wenn manche meinen, Jesus reicht nicht, wir brauchten auch noch ein bisschen Buddha und Mohammed dazu oder wen auch immer, dann möchte ich sagen: Werde erstmal mit Jesus fertig, habe ihn wirklich verstanden, habe ihn im Herzen und lebe mit ihm – und dann kannst du dich immer noch anderswo umschauen, ob du etwas Besseres findest. – Ich bin mit Jesus noch lange nicht fertig. Ich möchte ihn weiter und besser kennenlernen, in seiner ganzen Größe und Vielfalt, in seiner Menschlichkeit, in seiner Göttlichkeit.
Unser Herz soll fest werden durch Gnade. Das darf man nicht verwechseln: Unser Herz soll nicht hart werden. Also auch hier taugt das Bild vom Felsen nicht so viel. Unser Herz wird fest, wenn wir einem anderen vertrauen. Unser Herz wird fest, wenn wir diesem Jesus Christus vertrauen. Dass er in seiner Größe und Vielfalt für uns da ist. Dass er mit uns geht. Und dass er uns ans Ziel bringt. Zur bleibenden Stadt unseres Gottes.
Zur Größe und Vielfalt Jesu gehört es, dass er uns seine unmittelbare Nähe anbietet in seinem Wort und Sakrament. Nicht, dass er eingesperrt wäre in den Worten der Bibel oder den Gaben des Abendmahls. Nein, er ist viel größer. Aber hier lässt er sich finden, hier will er bei uns sein. Hier will er unser Herz fest machen durch seine Gnade. Gestern und heute und in Ewigkeit. Darum werden wir zu allen Zeiten Gottesdienst feiern, sein Wort hören und sein Mahl halten. Das wird auch im neuen Jahr nicht anders sein, was immer auch kommen mag. Amen.
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