Samstag, 22. Dezember 2012

Zündfunke (Rundfunkandacht) am Samstag, dem 22. Dezember 2012

Guten Morgen, liebe Hörerinnen und Hörer,

wenn man mich nach Lieblingsdingen fragt, habe ich immer ein Problem: Mein Lieblingsbuch, mein Lieblingsfilm, mein Lieblingsessen? – Kann ich alles nicht beantworten. Aber, wenn Sie mich nach meinem Lieblingsweihnachtslied fragen, dann gebe ich Ihnen sofort eine Antwort: Ich steh an deiner Krippen hier.


Es ist das innigste und ergreifendste Weihnachtslied, das ich kenne. Wahrscheinlich liegt das auch mit an der Melodie, die Johann Sebastian Bach dem Lied hinzugefügt hat, nachdem es zuvor schon jahrzehntelang auf eine ältere Melodie gesungen wurde. Bachs Melodie macht arienhaft weite Bögen, enthält schwierige Intervalle und Halbtöne, und hat trotzdem bald die ältere Weise verdrängt, weil sie offenbar die Herzensbewegung des Betenden besser auszudrücken vermag.


Ja, des Betenden, denn das ganze Lied ist ein einziges Gebet. Wenn ich es singe, begebe ich mich im Geiste an die Krippe Jesu und spreche ihn an, und weil er mein Herr und mein Gott ist, ist es ein Gebet.


Die Worte des Liedes stammen von Paul Gerhardt, dem größten unter den Kirchenlieddichtern. Manches an seinen Worten ist zeitgebunden, enthält barocke Schnörkel; einige Strophen sind auch zu Recht in Vergessenheit geraten. Andere aber sind von ergreifender inniger Dichte. So gleich die erste: Ich steh an deiner Krippen hier, o Jesu, du mein Leben; ich komme, bring und schenke dir, was du mir hast gegeben. Nimm hin, es ist mein Geist und Sinn, Herz, Seel und Mut, nimm alles hin und lass dir’s wohlgefallen. – Diese Haltung durchzieht das ganze Lied: Jesus, als Kind in der Krippe zur Welt gekommen, ist doch der, dem ich alles verdanke, was ich bin. Was ich ihm bringen und schenken kann, ist doch immer nur das, was er mir schon zuvor gegeben hat. Aber es sind nicht die äußeren Gaben, sondern das, was mich als Menschen im Innersten ausmacht: Geist und Sinn, Herz, Seele und Mut. Das gebe ich ihm, weil er sich mir gibt.


Eins aber, hoff ich, wirst du mir, mein Heiland, nicht versagen: dass ich dich möge für und für in, bei und an mir tragen. So lass mich doch dein Kripplein sein; komm, komm und lege bei mir ein dich und all deine Freuden. – Weihnachten ist nicht nur zum Hingehen, Staunen und wieder Umkehren. Weihnachten ist, um dem Kind von Bethlehem mein Leben zu schenken, weil es selbst sich mir schenkt.

2 Kommentare:

  1. Über die Bäume des Paradieses

    "Und der Baum des ewigen Lebens, wie er in Erscheinung getreten ist durch den Willen Gottes, befindet sich im Norden des Paradieses, sodass er die Seelen der Reinen unsterblich mache, die hervorkommen werden aus den Gebilden der Armut zum Zeitpunkt der Vollendung des Äons. Die Farbe des Baumes des Lebens aber gleicht der Sonne. Und seine Zweige sind schön. Seine Blätter gleichen denen der Zypresse. Seine Frucht gleicht einem Bund von Weintrauben, wobei sie weiß ist. Seine Höhe geht hinauf bis in den Himmel.
    Und neben ihm befindet sich der Baum der Erkenntnis, wobei er die Kraft Gottes hat. Seine Herrlichkeit gleicht dem Mond, wenn er sehr leuchtet. Und seine Zweige sind schön. Seine Blätter gleichen Feigenblättern. Seine Frucht gleicht guten, appetitanregenden Datteln. Dieser nun befindet sich im Norden des Paradieses, sodass er die Seelen aus dem Schlaf der Dämonen erwecke, damit sie zum Baum des Lebens kommen und von seiner Frucht essen und so die Mächte und ihre Engel verurteilen."

    Diese wundervolle Poesie (Die Schrift ohne Titel / Über die Bäume des Paradieses) ist nicht in der Bibel zu lesen; sie wurde erst 1945 als Bestandteil der "Schriften von Nag Hammadi" (wieder-)gefunden, die im Nachhinein betrachtet als der wertvollste archäologische Fund aller Zeiten anzusehen sind, denn sie beinhalten mit dem Philippusevangelium (NHC II,3) das vergessene Wissen der Urchristen (Gnostiker = Wissende) und mit dem Thomas-Evangelium (NHC II,2) die wahre und ebenso vergessene Erkenntnis des Jesus von Nazareth – und damit den Schlüssel zur Überwindung der Erbsünde und der Verwirklichung des "Himmels auf Erden"! Doch beschäftigen wir uns zunächst mit den "Bäumen des Paradieses", die in der Genesis nicht näher beschrieben sind. "Apfelbäumchen" sind es nicht, aber auch die Zypresse (immergrüner Nadelbaum) und der Feigenbaum (Laubbaum, der seine Blätter im Winter abwirft) sind wiederum nur Symbole für etwas sehr viel Grundlegenderes. Wörtlich übersetzt aus dem Althebräischen heißt der Baum des (ewigen) Lebens "Baum, der Frucht ist und Frucht macht". Es gibt keinen Baum in der Natur, der gleichzeitig "Frucht ist und Frucht macht", aber der Geldkreislauf in einer Volkswirtschaft ist der Gewinn und macht wieder Gewinn! Der Baum der Erkenntnis ist eigentlich der "Baum, der Frucht macht". Das machen zwar viele Bäume in der Natur, aber von der Hypothese, dass es sich bei den "Pflanzen" in der Genesis um natürliche Gewächse handelt, können wir uns jetzt verabschieden. Der Baum der Erkenntnis (von Gut und Böse) ist der Zinsgeldverleih und seine "Frucht" ist der Zins, genauer: der Urzins (Silvio Gesell, 1916) bzw. die Liquiditäts(verzichts)prämie (John Maynard Keynes, 1935)!

    Ab jetzt lassen sich alle anderen Bilder und Metaphern der originalen Heiligen Schrift (die Bibel nur bis Genesis 11,9), die nicht zum Zweck des Moralverkaufs gegenständlich-naiv uminterpretiert wurde, stringent und lückenlos erklären:

    Das Jüngste Gericht

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Liebe Leserinnen und Leser,

      gelegentlich nutzen esoterisch angehauchte Spinner die Kommentarfunktion eines Blogs, um andere damit ungefragt vollzuspammen. Der obige Kommentar ist ein wunderbares Beispiel dafür. Er steht in keinerlei inhaltlichem Zusammenhang zum Blogeintrag und besteht auch nur aus sinnfreiem Geschwurbel, das reinweg gar nichts "stringent und lückenlos" erklärt. Ich lasse diesen Kommentar ausnahmsweise mal als abschreckendes Beispiel stehen.

      Roland Herrig

      Löschen