Weihnachten – da weißte Bescheid!
Kein Fest im Jahr folgt so festen Ritualen wie das Weihnachtsfest, liebe Gemeinde. Was wir essen, wie der Baum geschmückt wird, der Kirchgang, die Lieder, das ist alles mehr oder weniger schon vorher bekannt und absehbar. – Wobei, vielleicht ist nun gerade hier auf der Insel manches oder alles anders, als es sonst immer war. Aber der Kirchgang ist geblieben und die Lieder, und die Geschichte, die wir gehört haben – zum wievielten Male eigentlich?
Es begab sich aber zur der Zeit … und gebar ihren ersten Sohn, wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe … Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden …
Der Heiland ist geboren, Christ der Retter ist da, Kommet ihr Hirten, O du fröhliche …
Da weißte Bescheid. Überraschungen sind da nicht eingeplant. Und trotzdem wollen wir das, brauchen wir das. Nur wenige Tage sind uns so wichtig, wie Weihnachten, nur wenige Nächte so heilig wie die Heilige Nacht.
Viele wissen so gut Bescheid, dass sie meinen, das reicht fürs ganze Jahr: Am Christfest mal richtig Christ sein – mit Kirche und so, aber sonst so … naja.
Ihr wisst Bescheid, auch das gehört auch dazu: Heute hat der Herr sie in meine Hand gegeben, sagt der Pfarrer alle Jahre am Heiligen Abend und beschimpft die, die nur einmal kommen, weil sie nur einmal kommen. Und dann noch so Konsumkritik, die ganzen Äußerlichkeiten, die Habgier usw., und wie schlecht die Welt ist: »Nichts ist gut …«
Ich staune manchmal, dass sich die Leute das immer noch antun. Aber sie tun es sich offenbar an, weil ihnen das andere so kostbar ist: die Lieder, der Kerzenschein und diese wunderbare Geschichte von dieser wunderbaren Geburt dieses wunderbaren Kindes. Obwohl sie die doch schon kennen – seit Jahren. Aber offenbar brauchen sie sie, braucht ihr sie, brauchen wir sie immer wieder, alle Jahre wieder.
Ja, ihr wisst schon bescheid, sagt Jesus auch im Predigttext für diesen Heiligen Abend. Es ist ein merkwürdiger Predigttext für Weihnachten, denn hier spricht auf einmal schon der erwachsene Jesus (vielleicht war die Textauswahl ja auch ein geschickter Schachzug: So bekommen auch die Weihnachtschristen mal was nicht so Weihnachtliches zu hören). Also Jesus sagt:
Ihr kennt mich und wisst, woher ich bin. Aber nicht von mir selbst aus bin ich gekommen, sondern es ist ein Wahrhaftiger, der mich gesandt hat, den ihr nicht kennt. Ich aber kenne ihn; denn ich bin von ihm, und er hat mich gesandt. (Johannes 7, 28-29)
Ja, mit der Weihnachtsgeschichte wisst ihr Bescheid, wer Jesus ist und woher er kommt: Aus Bethlehem. Aus dem Hause und Geschlechte Davids. Geboren von der Jungfrau Maria. Von Gott. – Es ist Gottes Sohn, auch das wisst ihr. Nichts Neues.
Was der erwachsene Jesus den Leuten sagen will: Ihr könnt das alles wissen, ihr könnt das in euren Köpfen haben, und es kann trotzdem sein, dass es noch lange nicht in euren Herzen angekommen ist. Gottes Sohn – das heißt: Gott hat mich zu euch geschickt, weil er mit euch zu tun haben möchte. Ihr sollt nicht nur mich kennen; ihr sollt Gott kennen und ihn, so wie ich, Vater nennen, weil er euch liebhat. Das ist der Sinn der ganzen Veranstaltung von Bethlehem (und dann eben nicht nur von Bethlehem, sondern auch von Golgatha – dort ist er gestorben).
Ja, und das ist auch der Sinn dieser Veranstaltung heute hier: Ihr sollt Gott von seiner liebevollen Seite kennen. Die alte Geschichte vom Kind im Stall von Bethlehem, unsere Lieder und Gebete, sie sind dazu angetan, dass uns Gottes Liebe erneut zu Herzen geht. Und euch, die ihr hier seid, ist offenbar genau das ein Herzensbedürfnis. – Es kommt nicht aufs Bescheidwissen an. Es kommt nicht auf den Neuigkeitswert an. Es kommt darauf an, dass Gott einen Weg zu unseren Herzen findet.
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