Sonntag, 6. Dezember 2015

Zündfunke (Rundfunkandacht) am 6. Dezember 2015 (1. Advent)

Liebe Hörer,

warten Sie gerne? Wenn die Schlange nur langsam voranrückt? Wenn der Flieger Verspätung hat? Wenn die Autobahn verstopft ist? Oder wenn die Lieferung nicht kommt, die Sie schon vor einer Woche bestellt haben? Wahrscheinlich warten Sie nicht gerne. Ich auch nicht. Ich trete von einem Bein auf das andere, trommle nervös auf das Lenkrad, werde mürrisch und aggressiv. Warten nervt.

Um so mehr, als Warten aus der Mode gekommen ist.
Als junger Mann habe ich noch sehnsüchtig auf Briefe gewartet. Heute schreiben wir uns Whatsapps. Und werden ungeduldig, wenn nach 5 Minuten noch keine Antwort da ist.
Früher wartete man auf die Hochzeit; heute geht man beim ersten oder zweiten Date miteinander ins Bett.
Früher haben wir uns Weihnachtsgeschenke gewünscht und sehnsüchtig gewartet, ob sie dann wirklich unter dem Christbaum lagen. Heute erfüllen wir uns unsere Wünsche sofort. Beim vorweihnachtlichen Shopping. Oder per Online-Bestellung, auf die man dann vielleicht doch noch eine unendlich lange Woche warten muss. Bücher lade ich mir sofort auf meinen E-Book-Reader. Und Musik höre ich per Streaming; komme mir keiner mehr mit CDs!
Warten ist aus der Mode gekommen; vielleicht nervt es deshalb um so mehr.
Wir sind ungeduldiger geworden.

So seid nun geduldig!, sagt unser Predigttext für diesen Adventssonntag. Nehmt euch ein Beispiel an einem Bauern. Der muss einfach warten, bis die Saat aufgeht und Frucht trägt. Und er kann das gut, weil er es weiß: Die Pflanze braucht ihre Zeit, braucht Feuchtigkeit und Pflege. Und er kann die Wartezeit für anderes nutzen.

Seid geduldig: miteinander, mit euch selber – und auch mit Gott! Manches braucht einfach Zeit. „Gut Ding will Weile haben“, sagt der Volksmund. Und wenn es dann da ist, worauf ihr gewartet habt, dann ist die Freude um so größer.


Erinnert ihr euch? In der Advents- und Weihnachtszeit haben wir das Warten geübt. Damals, als Kinder. Und es war eine gute Zeit.

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