Guten Morgen, liebe Hörer,
ich möchte Ihnen heute Tamar vorstellen.
Tamar ist Witwe und kinderlos.
Ihr Mann ist früh verstorben.
Das ist schlimm, denn sie sollte ihrem Mann einen Nachkommen gebären.
In der altisraelitischen Stammesgesellschaft war das elementar wichtig.
Daran hing die Zukunft der Sippe und ihre eigene Zukunft.
Darum gab es damals die Pflicht für die nächsten Verwandten des Verstorbenen, die Ehe des Bruders fortzusetzen und ihm Kinder zu verschaffen.
So muss nun der Bruder des Verstorbenen ran, Onan.
Manche halten Onan für den Erfinder der Onanie.
Aber eigentlich war das etwas anders:
Er wollte keine Kinder, die nicht seine Kinder wären, sondern die seines Bruders.
Darum „ließ er’s auf die Erde fallen und verderben“, so steht es da.
Also eher der Erfinder des Coitus interruptus.
Onan stirbt auch, und Tamar bleibt weiter kinderlos.
Nun wäre der jüngste Bruder ihres Mannes dran, aber der ist noch zu jung,
und als er endlich erwachsen ist, will ihr Schwiegervater nichts davon wissen.
Dieser, ihr Schwiegervater heißt Juda, der Stammvater eines der bedeutendsten israelitischen Stämme.
Als Tamar erfährt, dass er unterwegs ist in die Stadt, kleidet sie sich als Hure und setzt sich ans Stadttor.
Juda, schon lange ohne Frau, geht zu der Hure am Stadttor, verspricht ihr als Preis einen Ziegenbock und lässt als Pfand sein persönliches Siegel und seinen Stab zurück.
Als Juda den Ziegenbock schickt, um sein Pfand auszulösen, kennt keiner diese Hure, und er lässt die Sache auf sich beruhen.
Ein Vierteljahr später hört Juda: Deine Schwiegertochter Tamar ist schwanger.
Sie hat Hurerei getrieben.
Die Gesetze waren damals so hart, wie heute noch in manchen Teilen der islamischen Welt:
Tamar sollte verbrannt werden.
Da zeigt sie das Siegel und den Stab Judas vor:
„Von dem Mann bin ich schwanger, dem das gehört.“
Und Juda muss bekennen: Sie ist gerechter als ich; denn ich wollte ihr meinen Sohn nicht geben.
Jetzt haben Tamar und ihr verstorbener Mann einen rechtmäßigen Sohn; so war das damals.
Tamar hat ihr Recht und das ihres verstorbenen Mannes durchgesetzt.
Mit ungewöhnlichen Mitteln.
Mit den Waffen einer Frau.
Und mit hohem Risiko.
Eine taffe Frau.
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