Donnerstag, 15. Januar 2015

Zündfunke (Rundfunkandacht) am 15. Januar 2015

Guten Morgen, liebe Hörer,

gestern habe ich an dieser Stelle vom Hofpropheten des Königs David gesprochen; Nathan hieß der gute Mann.

Gut hundert Jahre später ist Davids Königreich zerfallen. Im Norden regiert König Ahab, und der hat nicht einen Hofpropheten, nein der hat gleich 400 Propheten. Das Weissagungswesen treibt merkwürdige Blüten. Im Süden regiert zur selben Zeit König Josaphat.

Während sich Josaphat, der Südkönig, zum Staatsbesuch im Norden aufhält, fragt ihn der Nordkönig Ahab: „Willst du nicht mit mir einen kleinen Krieg führen und den Aramäern die Stadt Ramot abnehmen, die früher mal uns gehörte?“ – Josaphat antwortet: „Im Prinzip ja. Aber“ – er ist ein gottesfürchtiger Mann – „hast du denn auch Gott gefragt, was er davon hält?“ – Und Ahab besinnt sich auf seine 400 Propheten, lässt sie alle zusammenkommen, damit sie ihm den Willen Gottes verkündigen sollen. Und einer nach dem andern sagt: „Zieh in den Krieg! Gott wird mit dir sein.“ – Josaphat aber bleibt skeptisch: „Hast du keinen echten Propheten des Herrn hier?“ – Ahab antwortet: „Doch, da ist noch dieser Micha, Micha ben Jimla. Aber ich mag ihn nicht; der weissagt mir immer nur Unglück…“ Schließlich wird Micha herbeigeholt. Zunächst sagt er: „Wenn alle dir Erfolg weissagen, dann zieh in den Krieg; Gott wird mit dir sein.“ Erst als Ahab ihn weiter bedrängt, rückt Micha heraus mit einer düsteren Vision: „Ich sah die Israeliten zerstreut über die Berge irren wie Schafe, die keinen Hirten haben. Und ich sah, wie ein Lügengeist über all die Propheten des Landes gekommen ist,“ – Da steht er, der eine Prophet, gegenüber 400 anderen und behauptet, er allein hätte Recht.

Natürlich sind die Könige in den Krieg gezogen. Micha wurde derweil inhaftiert. Und natürlich ist es schief gegangen. Ahab fiel in der Schlacht, und seine Soldaten zogen unverrichteter Dinge wieder ab. Zerstreut, wie Schafe, die keinen Hirten haben.

Gottes Geist ist nicht immer bei der Mehrheit. Gottes Geist ist nicht immer bei denen, die einander alles nachreden, vor allem, wenn es den Mächtigen gefällt. Wenn einer wirklich Mut hat, nicht mit der Masse mitzuschwimmen und zu sagen, was sonst keiner für möglich hält – das könnte unter Umständen ein Prophet sein.

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