Liebe Schwestern und Brüder,
was ist der Sinn des Lebens? Nein,
konkret, was ist der Sinn deines Lebens? Wozu bist du auf der
Welt? Was ist dein Auftrag, deine Bestimmung, deine Berufung? Weißt
du das? Hast du dir darüber Gedanken gemacht? - Vermutlich ja. Du
kommst ja in die Kirche, du glaubst ja an einen Gott, der deinem
Leben seinen Sinn gibt – SEINEN Sinn, also Gottes Sinn. Du glaubst ja
an einen Gott, der dich gewollt und geschaffen hat. Du bist also für
etwas gut.
Wofür ganz genau, was der ganz große
Plan Gottes ist, oder was der ganz kleine und spezielle Plan für
dein Leben ist, das wirst du wahrscheinlich nicht ganz so klar
beantworten können. Du wirst es vielleicht immer neu herausfinden
müssen. Und wahrscheinlich ist es am einfachsten, wenn du Gott jeden
Tag, jeden Morgen fragst: "Was ist dein Plan für mich heute? Was ist
dein Auftrag, den ich diesen Tag erfüllen soll? Was ist der Sinn,
nicht meines ganzen Lebens, sondern was ist der Sinn des heutigen
Tages?" Und genau so kannst du am Abend Bilanz ziehen: "Was war der
Sinn dieses Tages? Wo habe ich Gottes Auftrag erfüllt, wo nicht?"
Hört als Predigttext die Worte eines
Menschen, der den Sinn seines Lebens gefunden hat, weil er Gottes Ruf
gehört und verstanden hat. Es sind Worte des Propheten Jeremia,
aufgeschrieben im 1. Kapitel des gleichnamigen Prophetenbuchs:
Des HERRN Wort geschah zu mir: „Ich
kannte dich, ehe ich dich im Mutterleib bereitete, und sonderte dich
aus, ehe du von der Mutter geboren wurdest, und bestellte dich zum
Propheten für die Völker.“ – Ich aber sprach: „Ach, Herr
HERR, ich tauge nicht zu predigen; denn ich bin zu jung.“ – Der
HERR sprach aber zu mir: „Sage nicht: 'Ich bin zu jung', sondern du
sollst gehen, wohin ich dich sende, und predigen alles, was ich dir
gebiete. Fürchte dich nicht vor ihnen; denn ich bin bei dir und will
dich erretten, spricht der HERR.“ Und der HERR streckte seine Hand
aus und rührte meinen Mund an und sprach zu mir: „Siehe, ich lege
meine Worte in deinen Mund. Siehe, ich setze dich heute über Völker
und Königreiche, dass du ausreißen und einreißen, zerstören und
verderben sollst – und bauen und pflanzen.“
Liebe Schwestern
und Brüder,
wahrscheinlich
hätte Jeremia gerne auf diese Berufung verzichtet. Obwohl,
wenn er gewusst hätte, dass sein Name und seine Geschichte noch nach
über zweieinhalb Jahrtausenden bekannt sein würde … Aber ist es
das wirklich? Kann das der Sinn des Lebens sein: Berühmt werden, so
dass noch spätere Generationen von einem sprechen? – Ich denke,
zumindest käme es darauf an, wofür einer berühmt wird … Jeremia
ist berühmt geworden, nicht weil er dazu berufen wurde, berühmt zu
werden, sondern weil er seiner Berufung gefolgt ist.
Jeremias Berufung
war es nicht, berühmt zu werden oder gar populär zu werden.
Jeremias Berufung war es, Gottes Wort zu sagen, und zwar denen, bei
denen es gerade nicht populär war. Jeremia war kein selbst ernannter
Querdenker, kein unbequemer Intellektueller, keiner, der gerne
irgendwie auf sich aufmerksam machen wollte. Im Gegenteil, er hätte gerne ein ganz normales und unscheinbares Leben gelebt. Von
der Familientradition her hätte er einen recht angenehmen, wohl
geordneten und gut bezahlten Job als Priester machen können. Das
wäre es doch gewesen.
Aber Gottes Berufung für sein Leben war halt
eine andere. Eine, gegen die er sich
sträubte: "Ich kann nicht, ich will nicht, ich bin zu jung." Und
später mit verzweifelten Anklagen: "O Gott, was hast du mir angetan
mit dieser Berufung! Wäre ich doch nie geboren worden!" Und noch
später mit stiller Ergebung, als ihn seine Landsleute mitschleppen
nach Ägypten, wohin sie fliehen vor den Babyloniern. Vor den
Babyloniern, vor denen Jeremia gewarnt hatte. Nach Ägypten, wohin
sie nie hätten gehen dürfen, wenn sie auf seine Worte gehört
hätten. Dort verlieren sich seine Spuren …
War das der Sinn
seines Lebens? Vor einem Schicksal warnen, das dann doch
unausweichlich kam, weil es kommen musste? Gottes Wort sagen in der
Gewissheit, dass sich doch keiner drum scheren würde? Und die
Konsequenzen dieser geistlichen Gehörlosigkeit, dieses Ungehorsams,
dieser Verstocktheit am eigenen Leibe erleiden müssen? War das der
Sinn seines Lebens? – Jeremia hat sich diese Frage gestellt, und er
hat von Gott die Antwort bekommen: "Ja, das ist dein Auftrag. Dazu
habe ich dich bestimmt und berufen. Das ist der Sinn deines Lebens. Und darin stehe ich auch zu dir,
von Anfang bis Ende."
Die Berufung
Jeremias ist eine sehr spezielle. Sie ist nicht deine und nicht
meine. Was deine Berufung ist, das erfährst du im täglichen Umgang
mit deinem Gott.
Aber wir können
lernen auch aus der Berufung Jeremias:
Und da lernen wir
zuerst, dass der Sinn des Lebens nicht unbedingt dasselbe ist wie ein
immer glückliches und leidfreies Leben. Auch ein hartes und
leidgeprüftes Leben kann sinnvoll und gesegnet sein. So wie es das
Leben Jeremias war.
Und dann lernen wir
noch drei Dinge, die nicht nur für Jeremia richtig und wichtig sind,
sondern für jeden, den Gott beruft.
Ich kannte dich, ehe ich dich im
Mutterleibe bereitete, und sonderte dich aus, ehe du von der Mutter
geboren wurdest. – Gott
sagt: Ich kenne dich! Das
ist das erste.
Gott kennt dich von Anfang an, von Ewigkeit her. Und er hat etwas vor
mit dir. Von Anfang an, von Ewigkeit her. Dazu musst du kein Jeremia
sein. Auch du bist von Gott gewollt und erwählt.
Wir
haben mit dem Psalm am Anfang die Antwort darauf, das Gebet eines
Menschen mitgesprochen, der das für sich erkannt hat: Herr,
du erforschst mich und kennst mich.
Es ist für mich etwas ganz Großes und eben auch etwas ganz
Wesentliches in dieser Gewissheit: Der ewige Gott, der Schöpfer des
Himmels und der Erde, er kennt mich – persönlich und besser als
jeder andere. Da fühle ich mich geborgen und gehalten und
verstanden. Da werde ich mir ganz sicher, dass mein Leben bei ihm
seinen Sinn hat.
Gott sagt: Ich
kenne dich! Du bist erwählt.
Weiter: Du sollst gehen, wohin ich dich sende. – Gott
sagt: Ich brauche dich! Das ist das zweite.
Da kommt fast immer eine Ausrede, ein Einwand: "Warum gerade mich? Ich
bin zu jung. Ich kann das gar nicht, was du verlangst. Nimm doch
einen anderen." – Man könnte das an vielen Berufungsgeschichten der
Bibel durchdeklinieren: Mose, Jesaja, ja schon Abraham (Der sagt
nicht: „Ich bin zu jung“, sondern „Ich bin zu alt.“).
Welchen Einwand hast du, wenn Gott dich ruft? Zu alt, zu faul, zu
unqualifiziert, zu schüchtern, zu eitel, zu kleingläubig, zu
großspurig …? – Eins musst du wissen: Im Ernstfall zählt das
alles nicht bei Gott. Er räumt deinen Einwand beiseite. Sage
nicht: Ich bin zu … - jung, sagt er zum Beispiel zu Jeremia.
Und dann schafft er Abhilfe: Und der HERR streckte seine Hand aus
und rührte meinen Mund an und sprach zu mir: „Siehe, ich lege
meine Worte in deinen Mund.“ Wem Gott einen Auftrag gibt, dem
gibt er auch die nötigen Fähigkeiten dazu. Gabe und Aufgabe gehören
zusammen. So und so: Wenn Gott dir eine Aufgabe gibt, dann gibt er
dir auch die nötige Gabe.
Es kann auch umgekehrt sein: Wenn du noch nicht weißt, wozu du von
Gott beauftragt bist, dann schau auf deine Gaben, was du damit tun
kannst. Gaben sind auch Aufgaben.
Eines sollst du wissen: Wenn Gott etwas von dir fordert, so wird er
dich doch nicht überfordern.
Gott sagt: Ich
brauche dich! Du bist begabt.
Und nun das dritte: Fürchte dich nicht vor ihnen; denn ich bin
bei dir und will dich erretten. – Gott sagt: Ich schütze
dich!
Fürchte dich
nicht!, ist ein ganz wichtiges
und immer wiederkehrendes Wort Gottes an die, die er kennt und
braucht. Denn beängstigend, ja furchteinflößend ist das allemal,
wenn der allmächtige Gott etwas von dir fordert. Beängstigend und
furchteinflößend ist es zumal, wenn du etwas tun sollst, das den
gängigen Meinungen und Verhaltensweisen entgegensteht. Opposition
erfordert Mut. Das ist schon im Kleinen so, wenn ich sagen muss: "Nein, das sehe ich anders." Oder: "Ich glaube, da liegst du falsch." Es kostet immer ein bisschen Überwindung, anders zu sein als die
anderen.
Jeremia war berufen extrem anders zu sein, dem Mainstream und den
Mächtigen offen zu widersprechen, und dafür ist er nicht nur
gehasst, sondern auch verhört, verhaftet, gefoltert, verschleppt und
gedemütigt worden. Das erforderte viel Mut und Durchhaltevermögen, ja Furchtlosigkeit.
Und es ging wohl nur, weil er es nicht nur wusste, sondern immer auch
wieder spürte, dass der HERR bei ihm war und ihn errettete – trotz
allem. Am Ende zählt es eben nicht, auf der Seite der Mehrheit oder
der Mächtigen gewesen zu sein, sondern auf Gottes Seite.
Wenn ich das sage, schwingt da immer ein bisschen unserer Erfahrung
vom Christsein in der DDR mit. Aber ich glaube, auch Christsein in
der Bundesrepublik oder im heutigen Europa wird nicht einfacher werden. Christlicher Glaube ist nicht mehr Mainstream. Und einige
Vorreiter der öffentlichen und veröffentlichten Meinung treten
immer aggressiver gegen Religion und Christentum auf. Ich will das
heute nicht vertiefen.
Aber ich will dir sagen: Wo und wann immer du Angst bekommst, wo die
Furcht nach dir greift, du könntest Gottes Berufung nicht gewachsen
sein, da sagt er dir: "Fürchte dich nicht! Ich schütze dich. Ich
behüte und bewahre dich. Was auch kommen mag!"
Gott sagt: Ich
schütze dich! Du bist gesegnet.
Woher
ich das weiß, dass Gott das auch zu dir sagt: Ich kenne
dich. Ich brauche dich. Ich schütze dich? –
Ich weiß es, weil du getauft bist. Und weil Gott genau das einem
jeden Christenmenschen in der Taufe zusagt und verspricht, und es so
auch dir zugesagt und versprochen hat: Ich kenne dich. Ich brauche dich. Ich schütze dich.
Gott gibt deinem Leben seinen Sinn: Er beruft dich nach seinem
Willen. An dir ist es, seinen Ruf zu hören und ihm zu folgen, Tag
für Tag. Dazu bist du erwählt, begabt und gesegnet.
meisterlich...
AntwortenLöschenDas sind predigten die auch otto normalverbrauher versteht und noch dazu interessant sind.