Sonntag, 26. Februar 2017

Predigt am 26. Februar 2017 (Sonntag Estomihi)

Jesus kam in ein Dorf. Da war eine Frau mit Namen Marta, die nahm ihn auf. Und sie hatte eine Schwester, die hieß Maria; die setzte sich dem Herrn zu Füßen und hörte seiner Rede zu. Marta aber machte sich viel zu schaffen, ihnen zu dienen. Und sie trat hinzu und sprach: „Herr, fragst du nicht danach, dass mich meine Schwester lässt allein dienen? Sage ihr doch, dass sie mir helfen soll!“ Der Herr aber antwortete und sprach zu ihr: „Marta, Marta, du hast viel Sorge und Mühe. Eins aber ist not. Maria hat das gute Teil erwählt; das soll nicht von ihr genommen werden.“
Lukas 10, 38-42

Marta ist die Herrin über die Kochtöpfe.
Über das Herdfeuer und über die Küchenmesser.
Sie ist die Herrin über Lammfleisch und über Fladenbrot, über Kürbis, Karotten und Küchenkräuter.
Alles muss ihr gehorchen.
Unter ihren Händen entstehen Speisen, von denen man sich noch Wochen später erzählt.
Marta ist die Herrin über ihr Haus und ihr Anwesen.
Eine ungewöhnliche Frau, ohne Mann geblieben, warum auch immer, ist sie selber Manns genug, ihr Leben zu organisieren, das sie mit ihrer kleinen Schwester und ihrem Bruder teilt.
Aber von dem ist gar nicht die Rede, denn Marta hat die Hosen an.
Sie ist die Herrin über Haus und Küche, Hof und Garten.
Marta hat ihr Leben unter Kontrolle.
Marta könnte fast ein Musterbeispiel für die moderne Frau sein, die auf Mann und Kind und Familie nicht angewiesen ist.
Marta ist eine Ausnahmefrau, eine Powerfrau.
Die Leute bewundern sie, aber sie halten auch ein bisschen Abstand zu Marta, der Herrin.
Ja, nomen est omen, sagen sie mit einem Sprichwort, das sie von den römischen Soldaten kennen.
Denn der Name Marta bedeutet nichts anderes als genau das, was sie ist: Herrin.
Und nun kommt Jesus – der Herr.
Er kommt in ihr Dorf.
Sie hat von ihm gehört.
Sie bewundert ihn, weil er ein wenig ist wie sie.
Er lebt ein Leben, das völlig aus der Zeit und aus der Welt gefallen zu sein scheint.
Er verzichtet auf Frau und Kind und Familie.
Er verzichtet auf ein gesichertes Einkommen.
Er macht einfach seins, egal, was die Leute sagen.
Das fasziniert sie.
Sie lädt ihn ein.
Wenn er irgendwo Unterkunft und Verpflegung kriegen soll, dann bei ihr.
Denn sie will es und sie kann es:
Für eine größere Zahl von Menschen – Jesus und seine Jünger – Unterkunft bereitstellen.
(Natürlich: Es ist nur frisches Stroh in der Scheune, aber was Besseres gab es damals nicht.)
Und für sie alle ein Essen bereiten, von dem man sich noch Wochen später erzählen würde.
Das ist für sie Ehrensache.
Die Herrin, die Chefin, die Macherin – Marta.
Komm, Herr Jesu, sei du unser Gast,
sagt Marta.
Und segne, was ich dir bereitet habe.
– Nein, das reimt sich gar nicht.
Es ist auch kein Tischgebet, sondern es ist Marta-Denke:
Ich tue alles, was ich kann.
Ich geb das Beste, was ich habe.
Ich zeige, was ich draufhabe.
Ich will dich, Herr Jesus, ehren und dir dienen.
Und ich freue mich auf deine Anerkennung, auf dein Lob.
Du als freier, selbstbewusster, eigenständiger Mann, du kannst das schätzen, was ich dir bieten kann.
Du bist meiner Haus- und Küchenkünste würdig.
Der Herr und die Herrin – sie zollen sich gegenseitig Anerkennung.
Sie sonnen sich im Glanze des anderen:
sie im Glanze ihres wunderbaren Gastes,
er im Glanze seiner wunderbaren Gastgeberin.
So hat Marta sich das vorgestellt.
Jesus offenbar nicht.
Er hat das nicht nötig.
Denn er ist der Herr.
Der Herr über das Wort und über die Worte.
Er spricht über das Gesetz des Moses und über die Sätze der Propheten.
Er redet vom Reich Gottes.
Und von der Welt, in der wir leben.
Und unter seinen Worten kommen sich Welt und Gottesreich ganz nahe.
Da berühren sich Himmel und Erde.
Er ist der Herr über die Mächte des Bösen.
Wo er ist, da fliehen sie.
Da werden Köpfe und Herzen der Menschen frei.
Da richten sich verkrümmte Leiber und Seelen auf.
Da weichen Angst und Enge.
Er ist der Herr über die Herzen.
Sie fliegen ihm zu, die Herzen der Menschen.
Weil er ihnen Mut macht, weil er ihnen Kraft gibt.
Nein, nicht alle Herzen.
Manche werden auch hart ihm gegenüber.
Verschließen sich.
Vielleicht aus Angst, weil sie sich und ihr Leben nicht ändern wollen.
Er kennt den Widerstand.
Aber er lässt sich nicht einschüchtern, nicht zum Schweigen bringen, er gibt nicht auf.
Er ist der Herr.

Nun sitzen sie – oder genauer gesagt: liegen sie – bei Marta auf Kissen und Fellen um die Speisen herum, die auf dem Boden stehen:
Jesus, seine Jünger. Und Maria, seine jüngste Jüngerin.
Maria, Martas Schwester, sitzt zu seinen Füßen, hängt an seinen Lippen, und ihr Herz ist ihm schon lange zugeflogen.
Jesus spricht vom Gesetz des Mose:
Gott lieben und seinen Nächsten wie sich selbst, darin sind alle Gebote zusammengefasst – so einfach.
Er erzählt von einem, der unter die Räuber gefallen ist, und von einem anderen, einem Fremden, der ihm hilft – so ist das mit der Nächstenliebe, so einfach.
Jesus spricht vom Reich Gottes, das so ist wie gemeinsames Essen, wie ein Festmahl, wo die Menschen beieinander sind um die Köstlichkeiten herum, die Feld und Weinberg, Küche und Keller hergeben.
Und in diesem Moment wird es ihr klar: das ist ja genau wie hier, nein, das hier ist schon dieses Reich Gottes.
Mit dem Herrn Jesus, der nicht mehr nur Gast ist, sondern Gastgeber, der seine Freunde um sich versammelt.
Und dann steht plötzlich Marta vor ihnen.
Herr, sagt sie, die Herrin, zu Jesus, findest du das richtig, dass meine Schwester mich allein die ganze Arbeit machen lässt? Sag ihr doch, dass sie mir helfen soll!
Nein, sie geht nicht zu Maria und flüstert ihr zu: Könntest du mir vielleicht doch bitte ein bisschen zur Hand gehen?
Sie geht zu Jesus und sucht die große Szene.
Möchte von allen gehört und gesehen werden.
Und sie bekommt die große Szene, weil Jesus ihr antwortet, wie sie es gewiss nicht erwartet hatte:
Marta, Marta, du machst dir jede Menge Stress und sorgst dich um alles Mögliche.
Es gibt nur eins, was wirklich wichtig ist.
Maria hat sich für das beste Stück entschieden, das soll ihr nicht weggenommen werden.
Diese Worte tun weh.
Denn sie sagen:
Marta, deine Sorge, dein Stress, deine Arbeit, deine Fähigkeiten in allen Ehren, aber gibt es nicht Wichtigeres?
Mich?
Gottes Wort?
Gottes Reich?
Gottes Liebe?
Sie sagen:
Marta, bist du wirklich die Herrin über Haus und Hof und Küche?
Oder sind Haus und Hof und Küche Herr über dich?
Dienen sie dir oder dienst du ihnen?
Und sie sagen:
Marta, bist du wirklich die Herrin über dein Leben?
Über dein Haus?
Über deine Schwester?
Über dich selbst?
Oder ist es am Ende ein anderer?
Ein Größerer?
Gott?

Gute Fragen, provozierende Geschichte, harte Pointe.
Natürlich muss das Gespräch irgendwie weitergegangen sein.
Vielleicht so:
Jetzt setz dich einfach mit zu uns, Marta.
Du kannst nicht nur schaffen und dienen.
Du musst auch ruhen und hören und mit uns feiern.
Nachher räumen wir gemeinsam die Küche auf.

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