Sonntag, 18. September 2016

Predigt am 18. September 2016 (17. Sonntag nach Trinitatis)

Die Schrift sagt:
„Das Wort ist dir nahe,
in deinem Munde und in deinem Herzen.“
Dies ist das Wort vom Glauben, das wir predigen.
Denn wenn du mit deinem Munde bekennst,
dass Jesus der Herr ist,
und in deinem Herzen glaubst,
dass ihn Gott von den Toten auferweckt hat,
so wirst du gerettet.
Denn wenn man mit dem Herzen glaubt
und mit dem Munde bekennt,
so wird man gerettet.
Denn die Schrift spricht:
„Wer an ihn glaubt, wird nicht zuschanden werden.“
Es ist hier kein Unterschied zwischen Juden und Griechen;
es ist über alle derselbe Herr,
reich für alle, die ihn anrufen.
Denn „wer den Namen des Herrn anrufen wird,
soll gerettet werden.“
Wie sollen sie aber den anrufen,
an den sie nicht glauben?
Wie sollen sie aber an den glauben,
von dem sie nichts gehört haben?
Wie sollen sie aber hören ohne Prediger?
Wie sollen sie aber predigen,
wenn sie nicht gesandt werden?
Wie denn geschrieben steht:
„Wie lieblich sind die Füße der Freudenboten,
die das Gute verkündigen!“
Aber nicht alle sind dem Evangelium gehorsam.
Denn Jesaja spricht:
„Herr, wer glaubt unserm Predigen?“
So kommt der Glaube aus der Predigt,
das Predigen aber durch das Wort Christi.
Römer 10, 8-18


Worte und Sprache.
Das Wort ist dir nahe, in deinem Munde und in deinem Herzen.
Im Anfang war das Wort.
Erst waren die Worte nur ein Rauschen und Plätschern an unserem Ohr.
Aber das gab uns Geborgenheit und Sicherheit;
so war es vom Uranfang her gewesen, im Mutterleib.
Die vertraute Stimme, sie war da.
Wenn sie fehlte wurden wir unruhig, begannen uns zu fürchten, zu zittern, zu weinen.
Aber sie kam immer wieder: tröstend, beruhigend, liebevoll.
Manchmal auch ärgerlich, ungeduldig, laut; aber das ging vorbei.
Am Ende war sie immer wieder vertraut und gut.
Wir begannen, aus dem Strom der Worte einzelne Wörter herauszuhören und zu kennen:
Mama, Papa, Trinken, Brei, Auto … Und unseren Namen. Immer mehr Wörter.
Bald verstanden wir auch schon Sätze.
Wir begannen sie nachzuahmen:
erst einzelne Wörter,
dann wurde aus zwei Wörtern der erste Satz,
dann immer mehr Wörter und immer längere Sätze.
Wir begannen zu verstehen.
Immer besser konnten wir selber sagen, was wir sahen und was wir fühlten.
Wir staunten, wie aus Wörtern und Sätzen Geschichten wurden; die erzählten von Menschen und Dingen, die gar nicht da waren, nicht hier, nicht jetzt; aber die Worte konnten sie herbeiholen, was nicht da war.
Im Anfang war das Wort.
Es ist immer in uns und um uns.
Wir hören es und wir sprechen es.
Wir sind zuhause im Wort, in der Sprache.
Die eine sagt etwas, der andere antwortet.
Die Worte gehen hin und her: im Guten, im Bösen.
Und sie machen etwas mit uns:
machen uns klug oder dumm,
machen uns gut oder schlecht,
machen uns froh oder traurig,
machen in uns Bilder
und Welten
und Geschichten
und Sinn.
Im Anfang war das Wort.
Und das Wort war bei Gott und Gott war das Wort.
Manchmal war Gottes Wort nur ein Rauschen und ein Plätschern an unserem Ohr.
Hintergrundrauschen.
Meistens selbstverständlich da, nur selten störend.
Ein Wort in allen Dingen.
Und Geborgenheit, Sicherheit, etwas Vertrautes.
Manchmal hörten wir bestimmte Wörter und Sätze heraus: Liebe, Heil, Leben, Himmel … und unseren Namen.
Manchmal verstanden wir ganze Sätze.
Und manchmal wurden aus Sätzen Geschichten:
Geschichten vom Glauben.
Geschichten nicht nur vom Hier und Jetzt,
sondern vom Da und Dort,
vom Dann und Wann,
Geschichten von dem, was mal war
und wie es gewesen sein könnte
und wie es sein wird.
Wir lernten zu verstehen.
Und wir lernten selber zu sprechen:
Die Sprache des Glaubens.
Antworten auf Gottes Wort.
Und wir begannen unsere Geschichten zu erzählen:
Wie es war mit uns und mit Gott,
und wie es gewesen sein könnte,
und wie es sein wird.

Im Anfang war das Wort.
Es ist in uns und um uns.
Wir hören es und wir sprechen es.
Wir sind zuhause im Wort,
in Gottes Wort.
Die Worte gehen hin und her:
von Gott zu Mensch,
von Mensch zu Mensch,
von Mensch zu Gott,
von Gott zu Gott.
Wir hören sie mit unterschiedlichen Ohren.
Wir sprechen sie mit verschiedenem Akzent.
Und sie machen etwas mit uns:
machen uns klüger oder besser,
machen uns froher oder getroster,
machen in uns Bilder und Geschichten von Liebe und Heil und Leben und Himmel.
Rufen uns beim Namen und sagen uns:
Du bist gemeint.


Glauben und Bekennen.
Wenn du mit deinem Munde bekennst, dass Jesus der Herr ist, und in deinem Herzen glaubst, dass ihn Gott von den Toten auferweckt hat, so wirst du gerettet.
Am Sonnabend vor acht Tagen haben wir Ani getauft,
im Gottesdienst auf Gomera.
Ani hat mit ihrem Munde bekannt, was sie von Herzen glaubt.
Sie hat die Worte vom Glauben mitgesprochen, die wir in jedem Gottesdienst sprechen.
Sie hat aber auch mit eigenen Worten erzählt von dem, was war in ihrem Leben:
ihre Geschichte mit Gott.
Wie sie schon als kleines Kind offen war für die wenigen Worte, die sie von Gott gehört hatte,
und wie sie mit ihrem Kindergebet geantwortet hatte: „Jesus, hilf den – Armen!“, weil sie „Amen“ noch nicht kannte.
Wie sie Gott als Teenager vergessen und verloren hatte und wie er sie wiedergefunden hatte, als sie mit Dreißig nicht mehr ein noch aus wusste.
Wie ihr die Worte des Glaubens ins Leben zurück halfen, weil ein anderer sie ihr sagte, der jetzt ihr Mann ist.
Und wie sie die Worte der Bibel in sich aufgesaugt hat und in ihnen Leben und Liebe und Heil und Himmel gefunden hat.
Wir haben Ani getauft,
weil Gott sie bei ihrem Namen gerufen hat,
weil sie das gehört hat
und weil sie geantwortet hat mit dem Bekenntnis des Mundes aus der Tiefe des Herzens.
Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über,
sagt Jesus.
Glaube kann sprachlos machen,
aber er kann nicht sprachlos bleiben.
Er kommt aus dem Wort,
und er kommt zu Wort.
Zu immer neuen Worten und Geschichten. Lebensgeschichten,
Liebesgeschichten,
Heilsgeschichten
und Himmelsgeschichten.
Geschichten, die Sinn machen.


Predigen.
So kommt der Glaube aus der Predigt, das Predigen aber durch das Wort Christi.
Gott redet.
Und wir reden von Gott,
zu Gott,
mit Gott.
Gott macht Geschichte.
Und wir erzählen seine Geschichten:
wie es war
und wie es hätte sein können
und wie es sein wird.
Wir erzählen von dem, was wir nicht sehen und doch glauben.
Und wir erzählen von Gott in unserem Leben.
Wir lassen ihn nicht eingeschlossen sein in unserem Herzen.
Wir lassen ihn heraus aus unserem Mund.
So dass von Mund zu Mund und von Herz zu Herz der Glaube wächst und die Hoffnung und die Liebe.
Weil Gott im Wort lebt, und im Wort zur Welt kommt,
und damit er in der Welt zu Wort kommt,
darum predigen wir,
darum ist uns die Predigt, die mündliche Wortverkündigung so wichtig.
Wir stellen sein Wort in den Mittelpunkt.
Wir alle sind berufen, Prediger zu sein:
Freudenboten Gottes zu sein.
Worte zu sagen, die von Gott kommen.
Worte zu sagen, die von Herzen kommen.
Wir alle sind berufen, unsere Lebens- und Glaubensgeschichten zu erzählen.
Damit das Wort Gottes nicht verstummt.
Damit es Antwort findet.
Damit es immer neue Lebens- und Liebesgeschichten gebiert.
Wir alle sind berufen,
und wir kommen dieser Berufung auf unterschiedliche Weise nach:
Der eine eher laut, die andere eher leise.
Die eine mit Bibelworten auf den Lippen, der andere mit stiller Herzlichkeit.

Und dann gibt es noch uns Kanzel-Profis,
die Gottes Berufung zum Beruf gemacht haben
und die dafür sorgen und darum kämpfen, dass die Sprache des Glaubens nicht verstummt,
dass das Wort Gottes gehört wird und verstanden wird,
dass seine Geschichten erzählt werden und dass sie zu Herzen gehen.
Dort, in euren Herzen, mögen sie wieder zu Worten und Geschichten werden.
Darum geht’s: dass wir zuhause sind in Gottes Wort. Das macht Sinn.

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