Guten Morgen, liebe Hörerinnen und Hörer,
immer häufiger nehme ich in den letzten Jahren eine aggressive Kritik an der Religion im allgemeinen und am christlichen Glauben insbesondere wahr. Christen werden als dumm, naiv und geistig zurückgeblieben hingestellt. Es heißt, Religion mache den Menschen Angst; sie drohe ja mit der Hölle. Und ihr Gott sei böse, denn er verhindere weder Krieg noch Katastrophen, rechtfertige Gewalt und lasse Menschen ganz bewusst in ihr Verderben laufen. Für all diese Behauptungen ließen sich Beispiele aus den Heiligen Schriften und aus der Geschichte beibringen. Also: Gott ist böse, und Religion ist schlecht.
Die Sicht dieser Religionskritiker finde ich, um das Mindeste zu sagen, sehr einseitig. Sie übersehen dabei nämlich, dass die zentralen Inhalte des christlichen Glaubens genau das Gegenteil von dem aussagen, was sie behaupten.
So heißt ein wichtiger und viel zitierter Satz der Bibel, der heute auch in den Herrnhuter Losungen steht: Gott will, dass allen Menschen geholfen werde und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen (1. Timotheus 2,4).
Das heißt ja wohl: Gott möchte gerade nicht, dass die Menschen zur Hölle gehen. Er möchte nicht, dass sie Gewalt erleiden müssen. Und er möchte nicht, dass sie verdummt werden und geistig zurückbleiben.
Und die Christen haben das ernst genommen. Hilfe für Leib und Seele sowie Bildung für den Geist – das gehörte fast immer und überall zu den Kennzeichen christlichen Lebens. Mittelalterliche Klöster waren Orte, wo Arme auf Hilfe hoffen durften, wo Kranke gepflegt wurden und wo Bildung weitergegeben wurde. Lange bevor es ein staatliches Schulwesen gab, gehörte die Schulbildung zu den grundlegenden kirchlichen Aktivitäten. Krankenhäuser wurden von Nonnen und Diakonissen eingerichtet und geführt.
Es ist sicher kein Zufall, dass kirchliche Tätigkeit in der Gesellschaft bis heute in diesen Bereichen hohe Wertschätzung genießt: im Bereich der Diakonie, also sozialer Arbeit, und im Bereich der Bildung, also als Träger von Schulen und Kindergärten.
Das hat genau damit zu tun, dass wir an einen menschenfreundlichen Gott glauben, der will, dass allen Menschen geholfen werde und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.
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