Samstag, 10. Juni 2017

Abschied ... (Beitrag im Wochenblatt vom 07.06.2017)

Liebe Leserinnen und Leser,
„Abschied ist ein scharfes Schwert“, „Abschied ist ein bisschen wie Sterben“, „Sag zum Abschied leise Servus“ … Solche Lieder und Melodien gehen mir in letzter Zeit immer öfter durch den Kopf. Ungebetene Ohrwürmer. Aber ich weiß, wo sie herkommen. Ich bin auf Abschied gestimmt. In wenigen Wochen, ja eigentlichen nur noch wenigen Tagen, werden wir, meine Frau und ich, Teneriffa verlassen. Nicht für einen kleinen Urlaub oder eine Dienstreise, wie das in den letzten sechs Jahren immer mal war, nein, für immer. Natürlich werden wir wiederkommen, aber nicht mehr für lange und nicht mehr nach Hause. Wir werden ein neues Zuhause beziehen: in Deutschland, in der Sächsischen Schweiz, wo ich meinen Dienst als Pfarrer in ganz anderer Form als hier fortsetzen werde.
Mit anderen Worten: Ich verabschiede mich hiermit auch von Ihnen, den Lesern des Wochenblattes, die in den letzten Jahren immer mal einen Beitrag von mir an dieser Stelle lesen durften. Keine Angst, Sie werden hier auch weiter mit christlichen Lichtblick-Texten versorgt – von meinen alten und bald auch wieder von neuen Kollegen. Aber nicht mehr von mir.
Was uns wirklich wehtut beim Abschiednehmen, das, was „ein bisschen wie Sterben“ ist oder „wie ein scharfes Schwert“, das ist die Trennung von Menschen, die uns lieb geworden sind. Wenn man Zeit und gute Worte, Ziele und Verantwortung miteinander geteilt hat, wenn man sich mochte und sich gegenseitig das Leben ein bisschen reicher und schöner gemacht hat, dann tut es weh zu wissen: Es wird nicht mehr so sein. Und dann ist da Trauer, und es fließen auch Tränen.
Manchmal geht mir noch eine weitere Melodie durch den Sinn: „Alles, alles gibt’s ein letztes Mal“ – ein altes Lied von Gerhard Schöne. Und es beschreibt, wie das Leben ist: Was wir tun und erleben, wen wir treffen und was wir unternehmen – „Irgendwann“ ist immer das letzte Mal. Jetzt, da wir hier weggehen, erleben wir das ganz bewusst: der letzte Gottesdienst, die Abschiedsfeier mit Mitstreitern und Freunden, das letzte Mal am Strand, und schließlich das letzte Mal Abheben mit dem Flugzeug, und dann verschwindet die Insel unter uns. Aber eigentlich, ganz eigentlich wissen wir nie, wann das letzte Mal ist.
Insofern ist ein geplanter Abschied wohl doch immer noch besser als ein plötzlicher, unerwarteter. Wir haben Zeit, um uns zu verabschieden. Noch mal miteinander zu reden, zu feiern, zu weinen, zu winken…
Mir ist noch ein Lied eingefallen. Es ist von Heinz Rudolf Kunze, und es heißt: „Abschied muss man üben“. Jeder unserer Abschiede ist eine Vorübung für den letzten, großen Abschied. „Abschied muss man üben, sonst fällt er viel zu schwer.“
Und ein letzter Gedanke: Wir verabschieden uns immer nur auf Zeit. Wir kommen hoffentlich mal wieder auf die Insel. Viele werden wir – nach menschlichem Ermessen – in diesem Leben wiedersehen. Und für alle anderen hoffen wir – und das ist unsere besondere christliche Hoffnung – auf ein letztes großes Wiedersehen ohne Abschied.
In diesem Sinne sage auch ich heute: Auf Wiedersehen!

Ihr Pfarrer Roland Herrig

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