Sonntag, 25. Januar 2015

Predigt am 25. Januar 2014 (Letzter Sonntag nach Epiphanias)

Nach sechs Tagen nahm Jesus mit sich Petrus und Jakobus und Johannes, dessen Bruder, und führte sie auf einen hohen Berg. Und er wurde verklärt vor ihnen, und sein Angesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden weiß wie das Licht. Und siehe, da erschienen ihnen Mose und Elia; die redeten mit ihm. Petrus aber fing an und sprach zu Jesus: „Herr, hier ist gut sein! Willst du, so will ich hier drei Hütten bauen, dir eine, Mose eine und Elia eine. Als er noch so redete, siehe, da überschattete sie eine lichte Wolke. Und siehe, eine Stimme aus der Wolke sprach: „Die ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören!“
Als das die Jünger hörten, fielen sie auf ihr Angesicht und erschraken sehr. Jesus aber trat zu ihnen, rührte sie an und sprach: „Steht auf und fürchtet euch nicht!“ Als sie aber ihre Augen aufhoben, sahen sie niemand als Jesus allein.
Und als sie vom Berg hinabgingen, gebot ihnen Jesus und sprach: „Ihr sollte von dieser Erscheinung niemandem sagen, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden ist.“
Matthäus 17, 1-9



Liebe Schwestern und Brüder,
wir sind Christen. Nicht nur irgendwie Gottgläubige. Nicht nur irgendwie religiös; weil: etwas Höheres wird es schon geben; positive Energie vom Universum oder so. Wir sind Christen. Christus-Gläubige. Jesus-Christus-Gläubige. Ohne Jesus Christus geht unser Glaube nicht. Ohne Jesus Christus geht unser Leben nicht. Und unser Sterben schon gar nicht.
Jesus Christus – er ist für uns nicht auswechselbar. Weise und vorbildliche Menschen gab es viele: Sokrates oder Buddha. Mahatma Gandhi oder Nelson Mandela. Propheten gab es manche: Mose und Elia – oder Mohammed. Jesus ist anders. Einzigartig. Wir sind Jesus-Christus-Gläubige.
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Wisst ihr, wer der erste Jesus-Christus-Gläubige war? – Das war Petrus. Jesus fragte seine Jünger: „Für wen halten mich die Leute eigentlich?“, und nach verschiedenen Antworten fragte er weiter: „Und für wen haltet ihr mich?“ – Da antwortete Petrus: „Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes!“ (Matthäus 16, 16) – Petrus war der erste für den Jesus mehr war als jeder noch so besondere Mensch: Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.
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Sechs Tage später ist Petrus mit Jesus unterwegs; die Brüder Jakobus und Johannes sind auch dabei. Zu viert steigen sie auf einen Berg. Jesus geht voran.
Euch muss ich nicht erklären, wie toll eine Bergwanderung ist. Viele von euch machen das regelmäßig. Die Luft, das Licht, die Aussicht, die Bewegung – das tut gut. – Nur dass das zu Jesu Zeiten nicht üblich war. Man stieg nicht einfach auf einen Berg; wozu sollte das gut sein? – Jesus fand es gut. Manchmal war er allein in den Bergen unterwegs. Um zu beten, um Gott zu begegnen. – Auch das verstehen wir heute ganz gut: In der Natur Gott nahe sein. Sich von der Größe und Weite von Bergen und Meer überwältigen lassen. Die Größe des Schöpfers erahnen und bestaunen.
Diesmal nimmt Jesus seine drei engsten Jünger mit: Petrus und die beiden andern. Haben sie geredet auf dem Weg? Haben sie geschwiegen miteinander? Waren sie beeindruckt von der Aussicht? Haben sie die Größe Gottes gespürt in der Natur? – Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Wir erfahren es nicht, weil es nicht mehr wichtig ist, nach dem, was dann geschah.
Da wurde es strahlend hell um Jesus herum. Da erschienen Mose und Elia, die großen Propheten Israels. Es war wie im Himmel. Sie waren ein paar hundert Meter in die Höhe gestiegen, und auf einmal war da der Himmel zu ihnen herabgestiegen. Mit einem Licht, das heller war als die Sonne. Mit den heiligen Männern, die vor langer Zeit zu Gott gegangen waren. Und mit Jesus, der dort bei ihnen im Himmel zu Hause zu sein schien.
Die Welt da unten ist nicht nur weit weg, sie ist vergessen. Hier will Petrus blieben. Im Himmel. Lasst uns Hütten bauen! Lasst uns diesen Augenblick festhalten! Heutzutage würden sie ihr Smartphone aus der Tasche ziehen: Selfie mit Mose und Elia.
Sie kommen nicht zum Hüttenbauen. Und nicht zum Selfie knipsen. Denn da ist auf einmal diese Wolke, so wie die Wolke in der Gott Mose und den Israeliten einst erschienen war. Und die Stimme Gottes: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören!
Habt ihr schon mal die Stimme Gottes gehört? – Ich schon. Ganz leise, in meinem Herzen. – Aber so? Laut tönend aus einer Wolke? – Petrus und die beiden andern haut es um. Sie fallen auf ihr Angesicht. Ein heiliger Schrecken hat sie erfasst. Ich weiß nicht, wie sich Gottes Stimme wirklich anhört. Es heißt, sein Wort wäre wie Feuer und wie ein Hammer, der Felsen zerschmeißt (Jeremia 23, 29). – Wir halten Gott gerne für einen lieben Opi, der uns über den Kopf streicht. Es gab eine Zeit, da sind Menschen erschrocken, wenn sie der  Majestät Gottes begegnet sind.
Und doch sagt Jesus: Ihr müsst nicht erschrecken. Steht auf und fürchtet euch nicht! Habt ihr nicht gemerkt? – Ihr seid im Himmel. Habt ihr nicht gesehen? Ich bin bei euch. Habt ihr nicht gehört? – Auf mich sollt ihr hören. Habt ihr nicht geglaubt? – Ich bin für euch da. Fürchtet euch nicht!
Doch, sie hatten es geglaubt. Petrus hatte es selbst herausbekommen: Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes. Und jetzt hatte es die Stimme Gottes bestätigt: Das ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören.
Petrus blickte auf, und da war Jesus. Jesus allein. Kein Mose, kein Elia. Keine Hütten zum Bleiben. Kein Licht, keine Wolke, keine Stimme vom Himmel. Jesus allein. Jesus. Christus. Gottes Sohn.
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Dann stiegen sie vom Berg herab. Was war das gewesen? – Das, was sie schon geahnt hatten, begonnen hatten zu glauben: dass dieser Jesus anders war, größer, einzigartig. Christus. Gottes Sohn. Was immer das auch heißen mochte.
Sprecht nicht drüber. Behaltet es für euch. Ihr könnt es ja selber noch nicht verstehen. Und worüber man nicht reden kann, darüber muss man schweigen.
Später haben sie darüber geredet. Mit den unvollkommenen Worten, die andere aufgeschrieben haben in den Evangelien. Das war für die bestimmt, die es selber schon entdeckt und geglaubt hatten: dass Jesus der Christus ist. Den anderen musste diese Geschichte fremd und unverständlich bleiben.
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Diese Geschichte ist wie eine Meditation über die Einzigartigkeit Jesu. Mehr nicht.
Sie sagt uns nicht, was wir tun und lassen sollen. Sie hilft uns nicht, unsere Alltagsprobleme zu bewältigen. Sie gibt keine Anleitung, wie wir unsere Welt besser machen können oder wie wir den Himmel auf die Erde bekommen.
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Vielleicht, so denke ich manchmal, sind wir damit dem Zentrum des christlichen Glaubens besonders nahe. Wenn wir nicht mehr nach Geboten und Handlungsanleitungen fragen. Wenn wir nicht mehr darum kämpfen, die Welt zu verbessern. Wenn wir nicht irgendwelchen Vorbildern oder Propheten hinterherlaufen. Sondern wenn wir stattdessen mit Jesus gehen, auf Jesus hören, bei Jesus bleiben. So wie Petrus und die anderen beiden, als sie mit ihm auf den Berg gestiegen sind.
Jesus allein. Denn wir sind Jesus-Christus-Gläubige. Ohne ihn geht unser Glauben nicht. Geht unser Leben nicht. Und unser Sterben schon gar nicht.
Bei dir, Jesu, will ich bleiben. Amen.

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